Begriffe, die im Zusammenhang mit einer MS-Erkrankung immer wieder auftauchen
Axon
Der lange, faserartige Fortsatz einer Nervenzelle, der elektrische Impulse vom Zellkörper weg, hin zu anderen Nervenzellen leitet.
Autoimmunerkrankung
Oberbegriff für Krankheiten, deren Ursache eine Überreaktion des Immunsystems gegen körpereigenes Gewebe ist. Fälschlicherweise erkennt die Immunabwehr körpereigenes Gewebe als zu bekämpfenden Fremdkörper. Dadurch kommt es zu heftigen Entzündungsreaktionen, die Schäden an den betroffenen Organen nach sich ziehen.
Beta-Interferone
Medikamente für die Langzeittherapie der schubförmigen MS, die auf das Immunsystem wirken. Derzeit sind drei Beta-Interferone in Deutschland zugelassen: Avonex, Rebif und Betaferon. Alle drei Präparate müssen gespritzt werden. Sie werden entweder subkutan (ins Unterhautfettgewebe) und/oder intramuskulär (in den Muskel) gespritzt. Der Unterschied zwischen den beiden Beta-Interferon-Arten liegt in der Herstellung: Interferonbeta-1 a wird aus Säugetierzellen, Interferon-beta-1b aus Bakterien gewonnen.
Bluthirnschranke (BHS)
Eine Barriere zwischen dem Blutkreislauf und dem Zentralnervensystem (ZNS). Sie schützt das Gehirn vor Krankheitserregern oder anderen Stoffen im Blut. Bei einem MS-Schub können körpereigene Immunabwehrzellen, sogenannte T-Lymphozyten, die Bluthirnschranke überschreiten und die Nerven des Gehirns schädigen.
Chemotherapie
Die Chemotherapie kennt man als Behandlung gegen Krebs. Sie verwendet Stoffe, die ihre Wirkung möglichst gezielt auf bestimmte Zellen ausüben und diese abtöten oder in ihrem Wachstum hemmen.
Compliance
Durch Gespräche, detaillierte Informationen und eine kontinuierliche Betreuung während der Behandlung soll der Patient von der Richtigkeit der Therapie überzeugt werden und diese durch sein eigenes Handeln aktiv unterstützen. Dadurch steigt der Behandlungserfolg und vorzeitige Therapieabbrüche können vermieden werden.
Cortison
Ein in der Nierennebenrinde gebildetes Hormon, das für Medikamente künstlich hergestellt wird. Es wird bei Entzündungen eingesetzt.
Demyelinisierung
Schädigung oder Zerstörung der Myelinscheiden.
EDSS (Expanded Disability Status Scale)
Die EDSS-Skala wird zur Bewertung neurologischer Defizite bei der Multiplen Sklerose herangezogen und beschreibt den Behinderungsgrad. Die Skala beruht auf einer standardisierten neurologischen Untersuchung, anhand derer insbesondere die Gehfähigkeit sowie acht weitere Funktionssysteme bewertet werden.
Fatigue
Der Begriff „Fatigue“ leitet sich aus dem Französischen ab und bedeutet Müdigkeit oder Erschöpfung. Demnach zeichnet sich das Fatigue-Syndrom durch ein anhaltendes Gefühl von Müdigkeit, Erschöpfung und Antriebslosigkeit aus, das sich auch durch viel Schlaf und Ausruhen nicht vertreiben lässt. Das Leben der Betroffenen wird durch die permanente, extreme Mattigkeit nachhaltig beeinträchtigt.
Es kann als Begleiterscheinung chronischer Erkrankungen wie multipler Sklerose auftreten und wird dort als unsichtbares Symptom bezeichnet.
Immunglobuline
Eiweißstoffe im Blut, die als Antikörper an den Immunreaktionen des Körpers beteiligt sind. Für die Herstellung der Medikamente werden diese aus dem Plasma von Blutspendern gewonnen. Immunglobuline werden alle vier Wochen intravenös, also in die Vene verabreicht. In der Regel übernehmen die Krankenkassen die dabei anfallenden Behandlungskosten nicht.
Immunmodulatorisch
Beeinflussung des Immunsystems – zum Beispiel durch Interferone. Immunmodulatorische Eiweiße, die bei Entzündungsreaktionen im Körper ausgeschüttet werden, können die Immunreaktionen sowohl verstärken als auch verringern.
Immunsuppressiva
Medikamente, die die natürliche Abwehrreaktion des Körpers unterdrücken.
Immunsystem
Als Immunsystem (lateinisch immunis: unberührt) wird das biologische Abwehrsystem höherer Lebewesen bezeichnet, das normalerweise Gewebeschädigungen durch Krankheitserreger verhindert. Dieses körpereigene Abwehrsystem entfernt in den Körper eingedrungene Mikroorganismen, fremde Substanzen und ist außerdem in der Lage, fehlerhaft gewordene körpereigene Zellen zu zerstören.
Bei MS ist das Immunsystem fehlgeleitet und greift körpereigene Strukturen an. Es bildet Antikörper gegen die Myelinscheiden der Nervenfasern.
Das Immunsystem ist ein komplexes Netzwerk aus verschiedenen Organen, Zelltypen und Molekülen und der zentrale Forschungsgegenstand der Immunologie.
Interferone
Interferone sind Proteine oder Glykoproteine, die eine immunstimulierende, vor allem antivirale und antitumorale Wirkung entfalten. Sie werden als körpereigene Gewebshormone in menschlichen und tierischen Zellen gebildet, vor allem von Leukozyten und Fibroblasten.
Läsionen
Stellen im Gehirn oder Rückenmark, an denen eine Zerstörung der Myelinscheiden stattgefunden hat. Sichtbar werden Läsionen im Gehirn bei einer Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT).
Lumbalpunktion
Entnahme von Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (auch Nervenwasser, Liquor cerebrospinalis oder kurz Liquor genannt) aus dem Rückenmarkskanal im Lendenwirbelbereich. In der Flüssigkeit kann eine Entzündung im Zentralnervensystem nachgewiesen werden.
Lymphozyten
Die kleinsten der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), die als Abwehrzellen fungieren. Es gibt B-Lymphozyten und T-Lymphozyten, auch T-Zellen genannt. Sie sind darauf programmiert, Viren und Fremdkörper zu bekämpfen. Dies tun sie, nachdem ein entsprechendes Signal gesendet wurde. Genau so ein Signal erhalten die T-Zellen auch bei MS – nur dass sie hier angespornt werden, gesunde Myelinscheiden zu attackieren. Ein großer Fortschritt in Sachen MS-Forschung wäre es, dieses fehlgeleitete Signal zu entdecken und auszuschalten.
Mitoxantron
Ein Zytostatikum aus der Krebsbekämpfung. Es wird angenommen, dass es die Antikörperbildung gegen Myelinzellen verringert. In mehreren Studien konnte Mitoxantron vor allem bei Patienten mit schubförmiger MS und hoher Schubhäufigkeit die Anzahl der Schübe reduzieren. Neben Betaferon ist es als einziges Medikament zur Behandlung der sekundär chronisch progredienten Verlaufsform der MS zugelassen.
Monoklonal
Antikörper einer Art, die auf nur eine Ursprungszelle zurückgehen und daher genetisch völlig identisch sind.
Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT)
Untersuchungsmethode, die mit Hilfe von Magnetfeldern genaue Bilder vom Gehirn liefert. Mit ihr können frühzeitig durch MS verursachte Krankheitsherde nachgewiesen und der Krankheitsverlauf dokumentiert werden.
Myelinscheide
Eine Art Isolationsschicht aus hellen Myelinzellen, die sich rund um die Nervenzellfortsätze (Axone) anordnen. Sie sorgt dafür, dass elektrische Nervenimpulse sehr schnell von einer Zelle zur nächsten Zelle gelangen. Wird die Myelinscheide (etwa durch Entzündungen bei einem MS-Schub) beschädigt oder gar zerstört, kommt es zur Vernarbung. Dadurch verlangsamt sich die Reizleitung der Nerven. Symptomatisch kann dies viele Auswirkungen haben, wie Sehstörungen, Lähmungen, Spastiken oder Ermüdungserscheinungen.
MS-Nurse
Speziell ausgebildete Krankenschwestern oder Arzthelferinnen, die MS-Patienten bei der Interferonbehandlung anleiten und unterstützen. Darüber hinaus bieten sie auch Hilfestellungen in Alltagsfragen und Beratungsdienste an.
Progredient
Vorrücken oder Voranschreiten (einer MS-Erkrankung).
Remyelinisierung
Langsame und nicht immer vollständige Erholung der bei einem MS-Schub geschädigten Myelinscheiden des Nervengewebes.
Rituximab
Ein biotechnologisch hergestellter monoklonaler Antikörper, der vorwiegend in der Behandlung von Lymphknotenkrebs oder als Eskalationstherapie bei rheumatischen Erkrankungen eingesetzt wird. Er ist in der Lage, eine einzige Zellreihe, nämlich sogenannte B-Zellen, auszuschalten. Die Arznei ist in der Krebstherapie schon zugelassen, Studien zur Wirksamkeit von Rituximab bei Autoimmunerkrankungen laufen und erscheinen im Fall von MS erfolgversprechend.
Spastik
Unkontrollierte Muskelspannungen bei Bewegungen oder durch äußere Reize. Dadurch ist die normalerweise perfekte Koordination von Beuge- und Streckmuskulatur gestört.
T2-Läsionen
T2 oder auch T2-gewichtet bezeichnet die Form der Darstellung bei der Magnet-Resonanz-Tomographie: hier sind sowohl alte als auch neue Läsionen/Plaques sichtbar.
T-Lymphozyten
T-Lymphozyten bilden eine Gruppe von weißen Blutzellen, die der Immunabwehr dient.
Uhthoff-Phänomen
Rund 80% aller MS-Patienten leiden unter dem Uhthoff-Phänomen.
Das sogenannte Uhthoff-Phänomen beschreibt eine bei Patienten mit Multipler Sklerose auftretende Verschlechterung neurologischer Symptome oder der allgemeinen Leistungsfähigkeit im Rahmen erhöhter Umgebungs- oder Körpertemperatur (Fieber), die im Extremfall zu vorübergehenden kompletten Lähmungserscheinungen führen kann. Die Symptome bilden sich immer wieder zurück.
Nicht nur eine hohe Außentemperatur kann Uhthoff auslösen. Bei manchen Betroffenen reicht ein heißes Bad, eine Dusche, ein Saunabesuch. Oder das Fieber im Rahmen eines Infektes.
Benannt ist das Uhthoff-Phänomen nach dem Augenarzt Wilhelm Uhthoff (1853–1927), der das Phänomen erstmals beschrieb als eine nach körperlicher Anstrengung auftretende vorübergehende Verschlechterung der Sehschärfe bei Multipler Sklerose. Ursache ist eine Blockierung der Leitfähigkeit des vorgeschädigten Sehnervs als Folge einer Erhöhung der Körpertemperatur, die mit Normalisierung der Temperatur wieder zurückgeht.
Zentralnervensystem (ZNS)
Zusammenfassung von Gehirn und Rückenmark (RM). Das ZNS setzt sich aus der grauen Substanz und der weißen Substanz zusammen. Die graue Substanz besteht hauptsächlich aus Nervenzellkörpern und liegt im Gehirn außen und im RM innen. Die weiße Substanz befindet sich im Gehirn innen und im RM außen und besteht in erster Linie aus den Nervenfortsätzen, den Axonen, sowie einzelnen Ansammlungen von Nervenzellkörpern, den Kerngebieten (Nuklei).
Zytostatikum
Medikamente, die das Zellwachstum verlangsamen oder stoppen.